Beurteilung des angekündigten Verbots von verhaltensbezogener Werbung auf Social Media

Die EU beauftragt ein Verbot zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten für verhaltensbezogene Werbung: Wie beeinflusst das Meta und die Zukunft von Social Media Marketing?

Im folgenden Blogartikel beurteilen wir das von der EU angekündigte Verbot der Verarbeitung personenbezogener Daten für verhaltensbezogene Werbung auf Social Media und insbesondere auf Facebook und Instagram. Die Entscheidung der EDSA (Europäische Datenschutzausschuss), dieses Verbot auf alle EU- und EWR-Länder auszudehnen, verspricht bedeutende Veränderungen, sendet Schockwellen durch die Werbelandschaft und verunsichert Unternehmen im EU-Raum.

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Die EDSA-Entscheidung und ihre Auswirkungen auf die Verarbeitung von personenbezogenen Daten für die varhaltensbezogene Werbung

Am 27. Oktober 2023 erliess der Europäische Datenschutzausschuss eine verbindliche Dringlichkeitsentscheidung, mit der die irische Datenschutzbehörde (LSA) angewiesen wurde, innerhalb von zwei Wochen Massnahmen in Bezug auf Meta Ireland Limited (Meta IE) zu ergreifen und die Verarbeitung personenbezogener Daten für verhaltensbezogene Werbung im europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu untersagen.

Die effektive Umsetzung dieser Entscheidung wäre ein massiver Eingriff in die bestehende Werbelandschaft, mit ebenso massiven Auswirkungen auf das Geschäftsmodell von Social Media Plattformen wie Facebook, Instagram oder TikTok usw.

Die angekündigten zwei Wochen zur Umsetzung von konkreten ersten Massnahmen sind verstrichen und in der EU ist von einem Verbot noch nichts zu spüren. Trotzdem sind das Thema und der dringliche Vorstoss, mit der Weisung ein solches Verbot zu erlassen, ernst zu nehmen.

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Ein Versuch, das angedrohte Verbot zur Verarbeitung personenbezogener Daten für verhaltensorientierte Werbung einzuordnen

Das Verbot ist vielschichtig. Wir haben einerseits das Element der „personenbezogenen Daten“, dann das Element der „verhaltensbezogenen Werbung“ und den historischen Hintergrund mit Bezug auf die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Wenn es um personenbezogene Daten geht, stellt sich zunächst die Frage, was genau darunter zu verstehen ist und wo die Grenzen gezogen werden. Geht es um die Verarbeitung personenbezogener Daten auf den jeweiligen Plattformen selbst, geht es um die plattform- und webseitenübergreifende Verarbeitung solcher Daten oder geht es auch um den Austausch von Daten mit Servern, die z.B. in den USA stehen? Nicht zuletzt ist unklar, ob solche Daten nicht mehr verarbeitet werden dürfen, auch wenn die User dem ausdrücklich zugestimmt haben.

Unter verhaltensbezogener Werbung werden wahrscheinlich Paid-Massnahmen verstanden, die gezielt an User ausgespielt werden. Es ist aber unklar, ob nun alle solchen Massnahmen verboten werden sollen, oder ob es nur Werbung betreffen soll. Wenn es nur Werbung betreffen soll, stellt sich die Frage, was denn nun genau der Unterschied zwischen gezielter Werbung und gezielter Ausspielung von Informationen verstanden wird. Werden alle Paid-Massnahmen verboten, wäre der europäische Wirtschaftsraum in Bezug auf die Informationsbeschaffung und -verteilung stark benachteiligt.

Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vereinheitlicht die Regeln betreffend der Verarbeitung von personenbezogener Daten im EU-Raum. Diese Regeln sind jedoch komplex und lassen einen Interpretationsspielraum zu, den juristische Instanzen schrittweise klären müssen. Juristische Konflikte mit Unternehmen, die Daten verarbeiten oder damit sogar direkt oder indirekt Geld verdienen, sind unausweichlich.

Beurteilung des angekündigten Verbots von verhaltensbezogener Werbung auf Social Media

Wie reagiert Meta auf das angedrohte Verbot zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten für verhaltensbezogene Werbung?

Meta bietet im Eilverfahren ein Abonnement an, um Usern eine Möglichkeit zu bieten, Werbung zu vermeiden. Allerdings führt der Abschluss eines solchen Abonnements derzeit zu verschiedenen Bugs und Fehlern auf Facebook und Instagram. Ebenso bedeutet der Verzicht auf «Werbung» auch, dass diese User keine gezielten Inhalte mehr über bezahlte Massnahmen auf Facebook und Instagram erhalten.

Folglich bezahlt ein User am Ende dafür, dass er weniger auf ihn zugeschnittene und wahrscheinlich auch weniger nützliche Inhalte erhält. Offensichtlich eine «Lose-Lose-Situation». Es ist daher wahrscheinlicher, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erneut angepasst werden und User abermals, aber umso deutlicher aufgefordert werden, ihre Zustimmung zu personalisierten Inhalten auf den Meta-Plattformen zu geben.

Akzeptiere die neuen AGBs und verhindere, dass du aus Versehen ein Abo löst:

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Was würde eine Umsetzung eines solchen Verbots für die Schweiz bedeuten?

«Es ist höchste Zeit für Meta, seine Verarbeitung in Übereinstimmung zu bringen und die rechtswidrige Verarbeitung zu stoppen» - EDSA-Vorsitzende Anu Talus

In Anbetracht der Äusserungen der EDSA-Vorsitzenden Anu Talus wird klar, dass die Entscheidung zur Ausweitung des Verbots auf Meta eine Dringlichkeit signalisiert, die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu forcieren und rechtswidrige Praktiken zu stoppen.

Die EU strebt also an, dass Meta die europäischen Datenschutzbestimmungen schneller und gründlicher implementiert. Das aktuelle Vorgehen der EU könnte sodann auch als Machtdemonstration angesehen werden, die insbesondere grossen Unternehmen wie Meta kurzfristig erheblich schadet. Langfristig müssten ähnliche Massnahmen auf andere grosse Unternehmen wie Google und TikTok ausgeweitet werden. Dies könnte schlussendlich zu negativen wirtschaftlichen Auswirkungen für den EU-Raum führen und zum Boomerang für die EU selbst werden.

Als Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) steht die Schweiz etwas abseits von dieser Entwicklung. Was hier durchaus positiv zu verstehen ist. Ohne vergleichbare Überlegungen, z.B. des Schweizer Parlaments, ist in den nächsten Monaten und Jahren kein ähnliches Verbot zu erwarten. Der Wirtschaftsstandort Schweiz kann sich diesem Machtpoker zwischen der EU und den internationalen und amerikanischen Tech-Giganten wahrscheinlich entziehen.

Beurteilung des angekündigten Verbots von verhaltensbezogener Werbung auf Social Media

Was bedeutet diese Entwicklung für Unternehmen in der Schweiz, die Social Media Marketing einsetzen?

Die Androhung eines Verbots in der EU ist also höchstwahrscheinlich ein Machtspiel, um die Umsetzung der allgemeinen Datenschutzverordnung zu beschleunigen. Um den Druck zu erhöhen, versucht man Unternehmen wie Meta dort zu treffen, wo es ihnen wirklich weh tut.

Die EU befindet sich also auf einer Gratwanderung. Denn solche Regulierungen werden nicht nur Meta schaden, sondern allen Social Media Usern in der EU und somit dem Wirtschaftsraum. Sollte das Verbot tatsächlich umgesetzt werden, werden Social Media User in der EU keine oder deutlich weniger massgeschneiderte Inhalte erhalten. Langfristig wäre das ein massiver Wettbewerbsnachteil für die EU und ihre Bürger:innen.

Für Unternehmen in der Schweiz, die sich mit ihren Inhalten an ein Schweizer Publikum wenden, sind derzeit keine Einschränkungen zu erwarten. Für Unternehmen in der Schweiz, die mit ihren Inhalten auch ein europäisches Publikum erreichen wollen, könnte es komplizierter werden. Es ist denkbar, dass solche Zielgruppen vorübergehend nur über organische oder in sehr beschränktem Umfang über bezahlte Massnahmen erreicht werden können. Infolgedessen muss bei solchen Zielgruppen mit grösseren Streuverlusten und teureren Preisen pro Ergebnis gerechnet werden. Ob und wann solche Szenarien eintreten werden, ist jedoch noch ungewiss.

Beurteilung des angekündigten Verbots von verhaltensbezogener Werbung auf Social Media

Was bedeutet diese Entwicklung für B&H Kunden, die den Content Catalog im Einsatz haben?

Für unsere Content Catalog Software und die damit verbundenen Massnahmen könnte eine strengere Umsetzung des europäischen Datenschutzgesetzes langfristig sogar von Vorteil sein. Unser Content Catalog versorgt die Algorithmen von Plattformen (z.B. von Meta, TikTok, X usw.) mit angereicherten Daten und Varianten von z.B. unternehmensrelevanten Botschaften und Inhalten. 

Dieser Datenaustausch ist datenschutzrechtlich unbedenklich, da wir keine nutzer- oder verhaltensbezogenen Daten weitergeben. Er hilft aber den Algorithmen Inhalte besser nach Userrelevanz auszuspielen, was schlussendlich zu weniger Streuverlust und besseren Resultaten führt. Durch den Einsatz unserer Software kann man folglich weiterhin Inhalte individualisiert an User von Social Media Plattformen ausspielen, auch wenn deren Algorithmen nicht mehr auf Pixel- oder CAPI-Daten von externen Quellen zugreifen dürfen.

Darüber hinaus wird unsere Software nach und nach nicht nur auf Meta, sondern auch auf TikTok, X, Google, APG, Programmatic und vielen anderen Plattformen einsetzbar sein. Folglich machen wir uns und unsere Kunden mit dieser Content-Datenbank unabhängiger und nicht noch abhängiger von einzelnen Social Media Plattformen.

Schlusswort

In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen im Bereich der verhaltensbezogenen Werbung auf Social Media, insbesondere auf Facebook und Instagram, steht die Werbelandschaft in der EU wahrscheinlich vor einer tiefgreifenden Veränderung. Die Entscheidung des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA), die Verarbeitung personenbezogener Daten für derartige Werbung zu verbieten, verunsichert den Wirtschaftsstandort.

Die komplexen Themen rund um personenbezogene Daten, verhaltensbezogene Werbung und die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) lassen viel Raum für Spekulationen und Fehlinterpretationen. Während Unternehmen wie Meta versuchen, sich durch schnelle Anpassungen zu schützen, bleiben die Umsetzung des Verbots und seine Auswirkungen abzuwarten.

Als Mitglied der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) scheint die Schweiz vorerst eine gewisse Distanz zu diesen regulatorischen Änderungen zu wahren. Dies könnte der Schweiz als Wirtschaftsstandort einen vorübergehenden Vorteil verschaffen.

Für Unternehmen in der Schweiz, die Social Media Marketing betreiben, sind vorerst keine Einschränkungen zu erwarten. Diejenigen, die sich auch an ein europäisches Publikum wenden, könnten jedoch vor Herausforderungen stehen, wenn denn das Verbot tatsächlich umgesetzt wird.

B&H Kunden, die den Content Catalog einsetzen, könnten langfristig sogar von einer strengeren Umsetzung des europäischen Datenschutzgesetzes profitieren. Denn die Software ermöglicht weiterhin die individualisierte Ausspielung von Inhalten auf verschiedenen Plattformen, unabhängig von personenbezogenen Daten und anderen externen Datenquellen.

Insgesamt bleibt abzuwarten, wie und ob das Verbot zur Verarbeitung personenbezogener Daten für verhaltensbezogene Werbung umgesetzt wird. Die EU setzt ein klares Zeichen für eine schnellere und strengere Umsetzung der Datenschutzbestimmungen. Die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort EU und das Verhältnis zwischen Tech-Giganten und Regulierungsbehörden sind noch nicht absehbar. Betroffene Unternehmen sind also gefordert, flexibel auf diese Veränderungen zu reagieren und ihre Strategien, wenn nötig rasch anzupassen.

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UNSER CEO & AUTOR: 
Peter Erni ist Unternehmer, Geschäftsführer von Brain & Heart Communication, Co-Founder der Julith Group AG und Ideengeber für den contentcatalog.app. Er ist ein langjähriger Experte in den Bereichen strategisches Content Marketing und Social Media Performance Marketing. Er absolvierte das Grundstudium an der HSG und studierte «Neue Medienkunst» an der ZHDK. Seine Masterarbeit schrieb er 2010 zum Thema «Social Media Kommunikation». 2012 arbeitete er bei Mammut als einer der ersten professionellen Social Media Manager der Schweiz. Seit 2016 ist er Partner bei der Boutique Agentur Brain & Heart Communication. Peter unterrichten in seinen Fachgebieten an der HWZ, der ZHAW, BFH und HSLU.
Seine Expertengebiete:
  • Strategisches Content Marketing & Omnichannel Marketing
  • Social Media Marketing & Social Media Kommunikation
  • Reception Marketing & Owned Asset Optimization

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